Abrechnung mit dem Amerika unter Bush - 2003

Einer der schärfsten Kritiker von US Präsident Bush, der Autor, Filmemacher und Publizist Michael Moore 2003 im Kongresszentrum Hamburg. Anlass: Sein neuestes Buch "Stupid White Men" erscheint in deutsch. Sein Vortrag, eine scheinbar lose Folge von Schlaglichtern zur politischen Lage in den USA. Die Verarmung der breiten Schichten der Amerikaner, die Raffgier der fünf Prozent Reichen sowie die Macht der Konzerne, die das politische System korrumpiert. Und eine klare Warnung an die Europäer: Ihr wollt jetzt das soziale Netz demontieren? Wollt ihr Armut, die ICH bezogene US Gesellschaft, wollt ihr mehr Kriminalität, soziale Unsicherheit? 50 Millionen arbeitende Menschen ohne Krankenschutz? Wollt ihr das wirklich?

 Junge Menschen spenden Beifall

Das ist überraschend, fast nur junge Leute im Kongresszentrum CCH in Hamburg an diesem trüben Montag Abend Mitte November 2003. Und spricht man mit ihnen, sind sie erstaunlich gut informiert. Sie sehen mit Sorge, was vorgeht in den USA. Sie wissen schon einiges um Bush und seine „Mannschaft“, die der kalifornische Schriftsteller und politische Insider Gore Vidal nur noch als „Junta“ bezeichnet. Ganz im Gegenteil zu den US Bürgern, sagt Michael Moore (MM). Sie sind unwissend: 80 Prozent, so eine Umfrage, finden den Irak nicht auf der Landkarte. Und zehn Prozent finden selbst die USA nicht auf dem Globus, so Mike an das betretene Publikum im ausverkauften CCH. US Präsident Bush war vor seiner Amtszeit noch nie im Ausland. Die Bildung liegt in den USA am Boden, die Bevölkerung, so MM, verblödet weiter offensichtlich gefördert auch durch die großen US TV Ketten, fünf Millionen Analphabeten im Wirtschaftswunderland. Mehr Budget für den Krieg (mit Zustimmung der oppositionellen Demokraten!), kein Geld für Bildung und Soziales, Steuersenkung für die Reichen, riesige Schuldenberge! Das ist USA heute, damals 2003, das treibt Bush und seine Mannen weiter voran und das gilt es zu stoppen, das ist MM’s Botschaft, die will er verbreiten.


Satire als Verpackung

Wie transportiert man einen politischen Stoff an das Publikum? Per Sachbuch? Das ist vielleicht für Fachleute gut, bringt aber wenig Kunden und Reichweite. Per satirisches Sachbuch? Vielleicht schon eher, weil mehr Verbreitung. Der Kick aber kam für Moore auf der Oscar Verleihung für seinen Dokumentarfilm „Bowling for Columbine“. Die ganze Welt sah zu, als er die üblichen Dankesfloskeln weg ließ und „shame on you, Mr. Bush, we do not want this war!“ in die Glitzerwelt rief, bis ihm das Mikrofon abgedreht wurde.

Vorher, so sagte er in der anschließenden Diskussion im CCH, wurden sie durch den Veranstalter vergattert: Kein Wort über Irak! „Du bist tot, du hast es vermasselt“ sagten danach viele, selbst Freunde. Das Gegenteil war der Fall. Die Besucherzahl seiner Dokumentation in den Kinos explodierte, seine Bücher wurden aus den Regalen gerissen. Das brachte und bringt ihm die finanzielle Unabhängigkeit, die er für seinen Kreuzzug braucht, sagt Moore. Und das zeichnet ihn aus, er hat Mut! Das honorierten die zumeist jungen CCH Besucher immer wieder mit stürmischen Applaus.

In USA hat es ein Jahr gedauert, bis eine Million Exemplare von „Stupid White Men“ verkauft wurden. Sein neuester Kassenschlager, „Dude, Where’s My Country?“ (dude, zu deutsch „Geck“ oder „Typ“!) brauchte dazu nur einen Monat und erscheint jetzt in deutsch bei Piper „Volle Deckung Mr. Bush“. Und gerade hat er die Dreharbeiten für seine neueste Dokumentation beendet „Fahrenheit 9/11“: Die Wahrheit wird verbrannt bei dieser Temperatur, so seine kurze Auslegung des Titels. Er meint die Vorgänge um den Anschlag auf die Twin Towers in New York am 11. September 2001. Dort ging es auch nicht mit rechten Dingen zu, wer steckt dahinter? Warum reagierte der Oberkommandierende Bush und seine Generäle nicht, um Schlimmes zu verhindern? Die Luftwaffe blieb am Boden, obwohl vier Flugzeuge entführt wurden, unglaublich! Vielleicht ein Mittel, um den „Patriot Act“, eigentlich ein Sammelsurium von Gesetzesänderungen, um die Bürgerrechte zu beschneiden, zu plazieren? Warten wir’s ab.

Multimedia als Konzept

Satirisches Sachbuch, einfach beschrieben, sind die informelle Basis für das Publikum. Vorträge, wie der im CCH, in mehr als dreißig US Städten in nur einem Monat, verbreiten den Inhalt interaktiv. Dann folgte Großbritannien und jetzt in Deutschland, Berlin, Hamburg, weitere. Demnächst in Wien, dem Land von Arnold Schwarzenegger, Kaliforniens neuer republikanischer Gouverneur.

Das bringt Publikum, erschließt lukrative Buchmärkte und vertieft die sachlichen – eigentlich trockenen und ungeliebten - Botschaften. Die US TV Ketten sind weitgehend in republikanischer Hand, Bush freundlich. Das gilt leider auch für große Teile der „freien“ US Presse. Dort ist Mikel nicht gefragt. Aber in Europa sehr wohl, heute Abend „talked“ er bei Beckmann bei der ARD.

Das alles bereitet den filmischen Dokumentationen den Boden, weltweit! Die Bücher erscheinen in den USA über den Verlagsriesen Warner Books. Gleichzeitig in der englischsprachigen Welt der Pengium Group, damit weltweit in Kanada, England, Indien, Australien, Südafrika. Was für ein Markt!

Selbstverständlich www.michaelmoore.com im Internet, das moderne aktuelle Informationsmittel begleitet die Kampagne und ist Anlaufpunkt für Informanten und Kunden weltweit, für aktuelle Informationen PR und Marketing. Presse und Hörfunk sind selbstverständlich auch dabei, auch schon im CCH Hamburg.

Das ist die Multimedia Maschine: Sachbuch, Dokumentarfilm, Vortrag mit Tournee, TV, Presse, Hörfunk, Internet. So transportiert man heute politische Botschaften, so nutzt man die Globalisierung. Und so ist man sogar wirtschaftlich erfolgreich und damit unabhängig.


Der Aufstand gegen Bush?

Fürchtet er um seine persönliche Sicherheit? Das fragt eine junge Zuhörerin im CCH. Mikel, mit Cap und bärtig, rund und unbekümmert, führt ein kleines Tänzchen auf (er spielt wahrscheinlich „Dude“, den tanzenden Geck!) und sagt No! Er fürchtet sich nicht, aber wir tun das. Wir sind nicht frei von der Furcht vor einer Regierung, die schamlos und einseitig die Interessen der US Großindustrie vertritt, die systematisch die Rechte seiner Bürger einschränkt, den Reichen Steuervorteile bei leeren Staatskassen verschafft, die den „Raubzug der Konzerne“ gegen den Mittelstand und die Armen unterstützt und dafür eigene Bürger „opfert“, ganz zu schweigen von zigtausend Irakern. „Ein Krieg gegen uns selbst“, wie Mike sagt.

Die Wahl steht vor der Tür in den USA. Die letzte Wahl wurde durch „Präsident“ Bush (MM sagt „Präsident“ nie ohne Anführungszeichen, im Vortrag beidhändig durch Zeige- und Mittelfinder signalisiert!) eigentlich verloren, aber durch seine Anhänger manipuliert bis hinein in das höchste Gericht, so MM in seinen Büchern. Die jüngste Entwicklung in Sachen Wahl wurde auch angesprochen: Die ersten elektronischen Wahlmaschinen, von einem bekannten Bush freundlichen Grossunternehmen entwickelt, zeigt alle Merkmale der kommenden modernen Manipulation: Software mit Macken und Lücken, gewollt oder nicht, undurchdringlich für Externe! Schöne neue Welt! Gefahr erkannt, sagt Mikel, wir wollen Papier mit Kreuz, nachvollziehbar!

Achtung, Mike!

Es wird gefährlich für MM. Wenn es einen „Unfall“ gibt, wer hinterfragt die Umstände wirklich genau? Eine Lüge mehr, die der US Öffentlichkeit mit geballter Kraft verkauft wird, einfach. Zu viel undurchsichtige Macht in den riesigen Geheimdiensten, unbegrenzt Geldmittel in den Finanzzentren, den Multinationalen Konzernen. Sein Ziel nach Bush, so lässt er schon durchblicken: Die Macht der Konzerne! Das sollte uns zittern lassen um Mikel und die Seinen. Denn bedrohte Macht ist zu vielem fähig. Wenn unerklärte Kriege mit tausenden Toten ein Mittel für Interessengruppen sind, dann ist ein Einzelner nicht sicher, selbst wenn er bekannt ist. Zumal, wenn er unbequem ist. Und Michael Moore ist unbequem für die etablierte Macht. Wir fürchten um dich, Mike!


 Los, killt die Weißen!

Hier ein Zitat aus „Stupid White Men“. Für mich überraschend, aber doch ernsthaft neu: Hat er wirklich recht? Hat der „Weiße Mann“ das allermeiste Unheil über diese Welt gebracht? Ich bin sprachlos ... - ich kann dagegen nix sagen – es stimmt irgendwie!

Ich weiß nicht, was es ist, aber jedes Mal, wenn ich einen Weißen auf mich zukommen sehe, werde ich ganz schön nervös. Mein Herz schlägt plötzlich wie rasend und ich suche sofort nach einem Fluchtweg und einem Mittel zur Selbstverteidigung. Ich könnte mich selbst ohrfeigen, dass ich mich überhaupt noch nach Einbruch der Dämmerung in diesem Teil der Stadt herumtreibe. Sind mir denn die verdächtigen Gruppen von Weißen nicht schon früher aufgefallen, die an jeder Straßenecke herumlungern, ihren Starbucks-Kaffee trinken und ihre Bandenkleidung von Gap Turquoise oder J. Crew Mauve tragen? Was war ich doch für ein Idiot! Und jetzt kommt der Weiße immer näher— und dann — uff. Er geht vorbei, ohne mich zu behelligen, und ich atme ganz tief durch.

Weiße machen mir unheimlich angst. Es wird schwer für Sie sein, das zu verstehen, wenn man bedenkt, dass ich auch weiß bin — aber schließlich ermöglicht mir meine Hautfarbe auch einen gewissen Einblick. So finde ich mich ziemlich oft ganz schön unheimlich, deshalb weiß ich, wovon ich spreche. Sie können mir ruhig glauben: wenn Sie plötzlich merken, dass Sie von lauter Weißen umgeben sind, passen Sie besser gut auf! Alles kann dann passieren!

Als Weiße haben wir die Vorstellung, wir wären in der Gesellschaft anderer Weißer sicherer. Seit unserer Geburt hat man uns gelehrt, dass es die Leute mit der anderen Hautfarbe sind, vor denen wir uns in acht nehmen müssen. Die sind es, die uns die Kehle durchschneiden wollen!

Schaue ich aber auf mein Leben zurück, zeigt sich da ein seltsames, aber unverkennbares Muster. Definitiv jede Person, die mir in meinem Leben jemals weh getan hat — der Boss, der mich gefeuert hat, der Lehrer, der mich durchfallen ließ, der Direktor, der mich bestrafte, der Kerl, der mir einen großen Stein auf den Schädel schlug, der andere Kerl, der mit einer Pistole auf mich schoss, der Geschäftsführer, der den Vertrag für TV Nation nicht verlängerte, der Typ, der mich drei Jahre lang ständig verfolgte, der Buchhalter, der meine Steuern gleich doppelt abführte, der Betrunkene, der mein Auto rammte, der Einbrecher, der meine Stereoanlage stahl, die Freundin, die mich sitzen ließ, die nächste Freundin, die noch früher auf und davon ging, der Pilot des Flugzeugs, in dem ich saß, der den Lastwagen auf der Landebahn rammte (er hatte wahrscheinlich seit Tagen nichts mehr gegessen), der andere Pilot, der meinte, er müsse unbedingt durch einen Tornado fliegen, die Person im Büro, die Schecks aus meinem Scheckheft stahl und sie dann mit der Summe von 16 000 Dollar auf sich selber ausstellte — das waren ausschließlich Weiße! Und das soll Zufall sein? Das glaube ich einfach nicht.

Noch nie hat ein Schwarzer mich angegriffen, noch nie hat ein Schwarzer mich aus meiner Wohnung geworfen, niemals hat ein schwarzer Vermieter meine Kaution unterschlagen, außerdem hatte ich nie einen schwarzen Vermieter, niemals hatte ich ein Gespräch in einem Hollywood-Studio mit einem schwarzen leitenden Angestellten, noch nie habe ich in der Film- und Fernsehagentur, die mich vertrat, je einen schwarzen Agenten gesehen, nie hat ein Schwarzer meinem Kind den Zugang zum College seiner Wahl verweigert, nie hat ein schwarzer Teenager bei einem Mötley Crüe-Konzert mir ins Genick gekotzt, noch nie hat mich ein schwarzer Polizist angehalten, nie hat mir ein schwarzer Autohändler eine absolute Schrottgurke angedreht, außerdem habe ich noch nie einen schwarzen Autohändler gesehen, noch nie hat mir ein Schwarzer einen Bankkredit verweigert, noch nie hat ein Schwarzer versucht, meinen Film in der Versenkung verschwinden zu lassen und nie habe ich einen Schwarzen sagen hören: »Wir werden hier zehntausend Arbeitsplätze abbauen — einen schönen Tag noch!«

Ich glaube nicht, dass ich der einzige weiße Typ bin, auf den dies alles zutrifft. Jedes gemeine Wort, jede grausame Tat, jeder Schmerz und jedes Leiden in meinem Leben verbindet sich für mich mit einem weißen Gesicht.

Also, warum sollte ich ausgerechnet vor Schwarzen Angst haben?

Ich schaue mich in der Welt um, in der ich lebe — und, liebe Leute, ich hasse es zwar, aus der Schule zu plaudern, aber es sind nicht die Afroamerikaner, die aus diesem Planeten einen solch traurigen und gruseligen Ort gemacht haben. Neulich war der Aufmacher der Titelseite des Wissenschaftsteils der New York Times die Schlagzeile: »Wer baute die Wasserstoffbombe?« Der folgende Artikel schilderte den Streit, der unter den Männern ausgebrochen war, die für sich das Verdienst in Anspruch nehmen, die erste Bombe gebaut zu haben. Ehrlich, das alles war mir ja so egal — denn ich kannte schon die einzige relevante Antwort: »ES WAR EIN WEISSER!« Kein Schwarzer hat je eine Bombe gebaut oder angewendet, die dazu dienen sollte, unzählige unschuldige Menschen zu töten, ob in Oklahoma City, in der Columbine High School oder in Hiroschima.


Nein, Freunde, es ist immer der weiße Typ.
Machen wir doch mal ein kleines Frage- und Antwort-Spiel:

  • Wer brachte uns die Pest? Ein Weißer.
  • Wer erfand DDT, PVC, das Seveso-Gift und einen Haufen anderer Chemikalien, die uns umbringen können? Weiße.
  • Wer hat jeden Krieg, den Amerika je führte, angefangen? Weiße.
  • Wer ist verantwortlich für die Programmgestaltung des Fernsehsenders FOX? Weiße.
  • Wer erfand die Lochkarten-Wahlmaschine in Florida? Ein Weißer.
  • Wessen Idee war es, die Welt mit den Abgasen des Verbrennungsmotors zu verschmutzen? Natürlich die eines Weißen.
  • Der Holocaust? Dieser Mann brachte die weiße Rasse wirklich schwer in Verruf (deswegen nennen wir ihn lieber einen Nazi und seine willigen Vollstrecker Deutsche).
  • Der Völkermord an den amerikanischen Indianern? Der weiße Mann.
  • Sklaverei? Die Weißen!
  • Bisher haben im Jahr 2001 amerikanische Unternehmen über 700 000 Leute entlassen. Wer ordnete diese Entlassungen an? Weiße Firmenchefs.
  • Wer schmeißt mich ständig aus meiner Internetverbindung raus? So ein blöder weißer Wichser, und wenn ich den je finde, ist er ein toter Weißer.

Nennen Sie mir das Problem, die Krankheit, das menschliche Leid oder das tiefe Elend, in dem viele Millionen leben müssen, und ich wette mit Ihnen um zehn Dollar, dass ich das weiße Gesicht, das dahintersteckt, schneller finde, als Sie alle Mitglieder der Band N'Sync aufzählen können.

Ende des Zitats!

Na, hat MM recht?

Und ich könnte seine Liste noch erheblich verlängern, z.B. mit einigen meiner Lieblingsthemen:foxxblog-speech-l3

  • Wer erfand die Kernspaltung?
  • Wer baute die A-Bomben und probierte sie an den Japanern aus?
  • Wer "erfand" das "fiat money" System, um damit die ganze Welt zu linken?
  • na, was haben wir sonst noch so alles angestellt? Hmmm, mal überlegen ...

Frage 2017 HF:
Aber, aber - Mike - die 1.500 Tote durch unrechtmäßigen Drohnen-Terror - den hat doch Obama zu verantworten und der ist doch ziemlich braun - oder? Fällt das unter "Ausnahmen bestätigen die Regel"?

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